Altersvorsorge-Optionen bei Übergangsmodellen
Immer mehr Menschen leisten Ausgleichszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung – sei es, um einen geplanten früheren Rentenbeginn zu finanzieren oder die erwarteten Rentenzahlungen zu steigern. Waren es im Jahr 2015 nur rund 1.500, stieg ihre Anzahl sprunghaft auf ca. 35.000 im Jahr 2020 – obwohl die gesetzliche Rentenversicherung in diesem Zeitraum nicht rentabler geworden ist. Jedoch sank aufgrund des Niedrigzinsumfelds die Attraktivität alternativer Rentenoptionen.
Wann lohnt sich eine solche Zahlung – und wann lohnt sie sich nicht? Dieser Artikel skizziert die wesentlichen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen und gibt weitere Hinweise zu wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Rahmenbedingungen.
Ob eine Ausgleichszahlung durch Mitarbeitende oder Arbeitgeber – etwa im Rahmen von Übergangsmodellen und Restrukturierungsprozessen – vorteilhaft ist oder nicht, lässt sich grundsätzlich nur im Einzelfall überprüfen. Eine generelle Empfehlung kann hier nicht gegeben werden. Zu prüfen sind hier verschiedene Faktoren, u.a.:
Voraussetzung für eine etwaige Ausgleichszahlung ist eine persönliche Antragstellung des Versicherten anhand des Formulars V0210 der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) sowie die Vollendung des 50. Lebensjahres. Der Prozess der Antragstellung ist grundsätzlich einfach und setzt ggf. eine zeitlich vorgelagerte Kontenklärung voraus.
In der Folge informiert die DRV über den zusätzlichen Ausgleichsbetrag, der erforderlich ist, um die Rentenminderung bei vorzeitiger Inanspruchnahme auszugleichen. Dieser Betrag kann als Einmalbeitrag oder verteilt über mehrere Jahre an die DRV gezahlt werden. Es besteht nach der Zahlung keine Verpflichtung, die vorgezogene Altersrente tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Sie kann alternativ zur Steigerung der Altersrente genutzt werden.
Eine freiwillige Ausgleichszahlung in die gesetzliche Rentenversicherung kann durch den Mitarbeiter oder durch den Arbeitgeber erfolgen.
Bei Zahlung durch den Mitarbeiter können die Beiträge als Sonderausgaben zur Basisversorgung abgezogen werden. Zu beachten sind allerdings Höchstgrenzen und konkurrierende Sonderausgaben-Abzugsposten. Der maximal mögliche Sonderausgabenabzug für Alleinstehende im Jahr 2022 beträgt 25.639 Euro (51.278 Euro für Zusammenveranlagte). Darüber hinaus ist lediglich ein Anteil von 94 Prozent im Jahr 2022 unter Beachtung der Anrechnung des Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Rentenversicherung abzugsfähig. Durch die Höchstgrenzen kann eine Streckung der Beitragszahlungen über mehrere Jahre sinnvoll sein.
Übernimmt der Arbeitgeber die Beitragszahlung (z. B. bei Verwendung einer Abfindungszahlung), ist gemäß § 3 Nr. 28 Einkommensteuergesetz (EstG) eine Hälfte der Beitragszahlung lohnsteuerfrei. Die andere Hälfte ist nach § 24 Nr. 1 EStG zu besteuern, insofern als Entschädigungsleistung im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es gilt die zudem die steuerliche Fünftelungsregelung.
Gesetzlich Krankenversicherte zahlen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf ihre gesetzliche Rente. Der Rentenversicherungsträger und der Versicherte teilen sich den Beitragssatz zur Krankenversicherung und den Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung. Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung ist voll vom Rentner zu tragen. Die Regelungen gelten auch für entsprechende Rentenerhöhungen aus freiwilligen Ausgleichszahlungen an die DRV.
Ob sich die Zahlung einer Ausgleichszahlung an die DRV zukünftig als ein rentables Investment herausstellen wird, kann nicht allgemein und aus heutiger Sicht nicht sicher beantwortet werden. Für eine persönliche Entscheidungsfindung hilfreich sind Marktvergleiche sowie Überlegungen zur Finanzierungstruktur.
Für eine Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung sprechen derzeit höhere Rentenwerte in der GRV im Vergleich zu einem Neuabschluss bei einer privaten Lebensversicherung. Insbesondere für ältere Mitarbeiter kann sich hier im aktuellen Niedrigzinsumfeld ein Vergleich mit einer neu abzuschließenden Rentenversicherung lohnen. Generelle Aussagen zur Vorteilhaftigkeit sind allerdings nicht möglich. Kann der Versicherte z. B. Alttarife mit hohen Garantieverzinsungen und älteren Tarifmerkmalen nutzen, kann die private oder betriebliche Altersversorgung im Einzelfall vorteilhafter sein.
Attraktiv erscheint zudem die Teileinbringung oder vollständige Einzahlung einer Abfindung in die GRV. Die Zahlung durch den Arbeitgeber kann darüber hinaus bei höheren Einmalbeträgen zu weiteren lohnsteuerlichen Vorteilen führen.
Gegen eine Ausgleichszahlung sprechen – abseits der unstrittigen Frage, dass die gesetzliche Rentenversicherung einen wesentlichen Beitrag zur Grundsicherung leistet – folgende Argumente:
Freiwillige Ausgleichszahlungen an die DRV können eine attraktive Möglichkeit zur Verbesserung der Altersversorgung von Mitarbeitenden sein. Ob sie im Einzelfall vorteilhaft sind, sollte – u.a. mit Blick auf etwaige alternative Versorgungsmöglichkeiten sowie die Hinterbliebenensituation – sorgsam durchgerechnet werden. Auch die steuerlichen Folgen einer Zahlung sowie die Möglichkeit einer Streckung der Zahlung über mehrere Jahre sind dabei zu berücksichtigen.
Übernimmt der Arbeitgeber die Beitragszahlung kann dies ggf. eine weitere, andere Übergangsmodelle (z. B. Zeitwertkonten, ATZ) ergänzende Option sein, um für Mitarbeiter in Restrukturierungsszenarien den Übergang in den Ruhestand attraktiver zu machen.